Christa Kaddar - Freie Journalistin

29.10.05

Eltville
am Rhein, die größte Stadt des Rheingaus, die Stadt der Rosen, des Weines, des Sektes, des Fachwerks, der Villen, Guts- und Adelshöfe, ist meine Wahlheimat.

27.10.05

Die Flößerei

Ende Juli lud mich das Forscherteam ein zweites Mal zur Begleitung bei Untersuchungen an alten Rheingauer Häusern ein, und auch das Rheingau Echo war an einer Fortsetzung der Berichterstattung interessiert (siehe untenstehenden Eintrag zur Dendrochronologie vom 24.10.05; die Dendrochronologie ist eine präzise, wissen-schaftliche Datierungsmethode zur Altersbestimmung von Hölzern).
Zu jenem Zeitpunkt lagen bereits einige interessante Ergebnisse vor. Das älteste untersuchte Fachwerk-Bauholz im Rheingau konnte auf das Jahr 1416 datiert werden. Eine Holzprobe aus dem Dachstuhl des in Massivbauweise errichteten Brömserhofs in Rüdesheim stammte gar aus dem Jahr 1291.
Die Ergebnisse der dendrochronologischen Untersuchungen werden in die Denkmaltopographie und in eine weitere Publikation über alte Häuser im Rheingau einfließen. Dr. Burghart Schmidt, Leiter des Labors für Dendrochronologie am Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Köln, wird die Ergebnisse außerdem zum Aufbau von Datierungsketten für verschiedene Holzarten und Regionen verwenden, was im Zusammenhang mit einem europaweiten Projekt zur Klimaforschung steht. Wie Schmidt feststellte, stammte allerdings nur das untersuchte Eichenholz aus dem Rheingau. Als Bauholz wurde überwiegend Nadelholz verwendet, das aus dem süddeutschen Raum – hauptsächlich aus dem Schwarzwald – kam.
In diesem Zusammenhang habe ich mich erstmals mit der Flößerei beschäftigt. Dabei stieß ich auf den Dichter Wilhelm Hauff, der im Jahr 1827 über die Flößerei im Schwarzwald schrieb: „Sie handeln mit ihrem Wald; sie fällen ihre Tannen, flößen sie durch die Nagold in den Neckar und vom oberen Neckar den Rhein hinab, bis weit hinein nach Holland, und am Meer kennt man die Schwarzwälder und ihre langen Flöße. Sie halten an jeder Stadt, die am Strom liegt, an und erwarten stolz, ob man ihnen Balken und Bretter abkaufen werde; ihre stärksten und längsten Balken aber verhandeln sie um schweres Geld an die holländischen Mynheers, welche Schiffe daraus bauen.“
Der Schwarzwald galt als der größte deutsche Holzlieferant; vom 15. bis 20. Jahrhundert war die Flößerei und der Handel mit Fichten und Tannen für die Schwarzwälder eine ergiebige Erwerbsquelle. Das ist ein spannendes Thema, mit dem ich mich noch eingehender beschäftigen will.

24.10.05

Dendrochronologie

Im Juni ist im Rheingau Echo mein zweiseitiger Bericht über eine Forschungsreihe an alten Häusern im Rheingau mit sieben Fotos erschienen. Ich hatte ein Forscherteam begleitet, das bei der Untersuchung alter Häuser unterschiedliche Ziele verfolgt und die Ergebnisse in der Denkmaltopographie des Rheingaus, für die Hausforschung im regionalen Vergleich und in einem europaweiten Projekt zur Klimaforschung verwenden will.
Dabei konnte ich zusehen, wie Dr. Burghart Schmidt mit einem Hohlbohrer einen Bohrkern aus einem Dachbalken nahm. Der etwa zigarillo-starke Bohrkern wies die Wachstumsringe des Baumes auf, der vor etwa 500 Jahren in einem Wald im Rheingau gefällt wurde. Die Ringe werden in der dendrochonologischen Untersuchung Aufschluss darüber geben, wie alt das Holz genau ist. Dazu werden die Wachstumsringe im Dendro-Labor der Universität Köln auf ein Diagramm übertragen und mit modernen Verfahren der Informationstechnologie ausgewertet.
Dendrochronologie leitet sich vom griechischen Wortstamm "dendro" ab, was Baum bedeutet, und von "Chronologie", die Lehre von der Zeit. In den Jahren mit guten Wachstumsbedingungen sind die Jahresringe breiter als in Jahren mit schlechten Lebensbedingungen, so dass Bäume einer Art in einer Region das gleiche charakteristische Muster von schmalen und breiten Jahresringen aufweisen. Durch das überlappende Lebensalter von Bäumen sind für manche Regionen schon lückenlose Jahrringchronologien entstanden, die viele Jahrtausende abdecken.
Die Hauseigentümer werden nach Abschluss der Untersuchung erfahren, ob die überlieferten oder geschätzten Daten für ihre Häuser durch die Untersuchung bestätigt oder gänzlich widerlegt werden.

21.10.05

Begegnung mit Doris Dörrie

Im Oktober 2002 bin ich der Filmemacherin und Schriftstellerin Doris Dörrie beim Rheingau Literatur Festival im Kloster Eberbach begegnet. Moderator Thomas Hocke führte mit ihr ein Gespräch über ihr Leben und ihr damals neu erschienenes Buch "Das blaue Kleid". Ich gebe hier zwei Ausschnitte aus meinem im Rheingau Echo veröffentlichten Artikel wieder:
Als Thomas Hocke sie auf das Autobiographische in ihrem neuen Buch ansprach, erwiderte Doris Dörrie: "Das Buch ist keine Autobiographie. Ich erzähle nie autobiographisch, aber viele Mosaiksteine in meinen Büchern sind selbst erlebt. Ich glaube, dass man nur sehr wahrhaftig schreiben kann, wenn man die Gefühle, über die man schreibt, auch selber kennt."
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Der Moderator hinterfragte einige Zitate aus früheren Interviews, die er gelesen hatte. "Es ist mir egal, wohin die Reise geht, Hauptsache, ich verstehe die Sprache nicht", habe sie einmal gesagt. Doris Dörrie bestätigte lachend das Zitat. Sie fände es aufregend, sich in einem Land zurechtfinden zu müssen, in dem ihr Sprache und Sitten nicht vertraut seien, beispielsweise in Japan. "Überhaupt fühle ich mich am wohlsten mit einem kleinen Koffer in der Hand. An einem Ort zu sein ist für mich schwieriger als unterwegs zu sein", gestand sie.
Das Publikum im Kloster Eberbach lernte eine sympathische, unkomplizierte Doris Dörrie kennen, die keinem Thema ausweicht, die den Tod nicht verdrängt oder ausklammert und dem Leben mit Humor und Leichtigkeit begegnet. Sie zeigte sich ebenso schnörkellos wie die Sprache in ihren Büchern.