Christa Kaddar - Freie Journalistin

1.3.06

Das Eltviller Lesefest

mit seinen vielen Einzelveranstaltungen war ein Thema, über das ich häufig im Rheingau Echo berichtet habe. Über das Konzept und den Inhalt des Lesefestes, das im vergangenen Herbst zum dritten Mal stattfand, habe ich einen Beitrag für das „Bulletin Jugend und Literatur – Kritisches Monatsmagazin für Kinder- und Jugend-medien, Leseförderung und Lesekultur“ geschrieben, der in der Februar-Ausgabe veröffentlicht wurde.
Das Besondere an diesem Lesefest ist das ganzheitliche Modell, in das alle Schulen, Kindergärten, Bibliotheken und Buchhandlungen in der Stadt eingebunden sind. Lesungen bekannter Kinder-buchautoren oder engagierter Bücherfreunde finden in städtischen Räumen, in Klöstern und Weinkellern statt. Nicht nur durch Bücherlesen, auch durch Literaturverfilmungen, Workshops und Exkursionen er-leben Kinder Literatur. Lehrerinnen, Erzieherinnen, Büchereileiterinnen, Eltern und vor allem die Kinder selbst setzen Literatur kreativ um – in Zeichnungen, Spielen, Rätseln oder bühnenreifen Darbietungen für ein größeres Publikum.
350 Buchpaten haben allein während des letzten Lesefestes einer Institution ihrer Wahl (Schule, Kindergarten, Bibliothek) ein Buch geschenkt. 180 Kinder haben sich am Jugend-Krimipreis beteiligt, und selbst einen Krimi geschrieben. Die bekannte Kinderkrimi-Autorin Corinna Harder, die auch der Jury angehörte, moderierte die Preisverleihung.
Das Erstaunliche ist, dass hinter dem gesamten Konzept eine einzige Frau steht, Sabine Stemmler, Kinderbuchexpertin, Buchhändlerin und Mutter zweier Kinder, die ohne jegliches kommerzielle Interesse und mit einem kleinen Budget ihre Idee umsetzt. Sie arbeitet bisher auf rein ehrenamtlicher Basis und hat sich mittlerweile ein passables Netzwerk geschaffen. Bei der Leipziger Buchmesse wurde ihr im letzten Jahr der "Blaue Bücherkoffer" des Vereins "Deutschland liest vor" verliehen.
Der Besuch der Buchmesse hatte noch weitere Folgen: Sabine Stemmler lernte dort die Wissenschaftlerinnen und Autorinnen Karin Richter und Monika Plath kennen, die ihre Erfurter Studie zur Lesemotivation in der Grundschule in einem Buch veröffentlicht haben. Beide erklärten sich bereit, im Vorfeld des Lesefestes einen Workshop in Eltville durchzuführen, an dem schließlich 86 Lehrerinnen teilnahmen. Neben Zahlen und Fakten aus der Erfurter Studie war die wichtigste Erkenntnis, dass Lesen in der Grundschule vor allem Spaß machen soll.
Spaß am Lesen in und außerhalb der Schule will auch Sabine Stemmler mit ihrem Lesefest-Konzept erreichen. Mit den vielfältigen Lesefest-Veranstaltungen, die bei freiem Eintritt angeboten werden, und durch die Mitwirkung der Schulen werden auch "leseferne"Familien angesprochen. 1.400 Kinder und Erwachsene, die im vergangenen Jahr am Lesefest teilnahmen, sind eine beachtliche Zahl für die Kleinstadt Eltville. Der frische Lesestoff, der durch die Buchpaten in die Schulbüchereien kam, wird seine Wirkung nicht verfehlen. Weitere Informationen gibt es unter http://lesezeit.net